24/6/2025
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Von Grau zu Grün: Der Webergut-Garten wächst
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Ein Stück Asphalt wurde aufgerissen – und mehr als nur Boden freigelegt. Der Webergut-Pioniergarten ist noch klein, doch er zeigt bereits, was möglich wird. Nach dem Umbau wird der grösste Teil des Parkplatz-Areals zur Gartenfläche. Dietlind Haarbrücker ist Architektin, Permakultur-Designerin und zukünftige Bewohnerin. Sie begleitet den Prozess von Anfang an. Im Interview spricht sie über Planung im Wandel, partizipative Gestaltung und die Kraft kleiner Schritte.

Interview: Barbara

Was bewegt dich, wenn du im Pioniergarten stehst – mitten im Unfertigen? 

Mich fasziniert, wie viel sich auf der offenen Kiesfläche schon entwickelt hat – teils gezielt gepflanzt, teils ganz von selbst. Ich weiss zwar, dass auf mageren Böden eine grosse Vielfalt entstehen kann. Aber es mit eigenen Augen zu sehen, berührt mich immer wieder.

Welche Rolle spielt der Garten im Gesamtprojekt Urbanes Dorf Webergut für dich?

Ich sehe den Garten nicht als einzelnes Projekt, sondern als Teil eines grösseren Ganzen: nachhaltiges Wohnen, gemeinschaftliche Infrastruktur, neue Formen des Zusammenlebens – das gehört alles zusammen.

Der Garten im Webergut folgt den Prinzipien der Permakultur. Wie bist du damit in Berührung gekommen – und was hat dich so überzeugt, dass du ihr deine Arbeit widmest?

Ich war auf der Suche nach einem Arbeitsfeld, das sinnvoll und zukunftsfähig ist – so bin ich auf Permakultur gestossen. Zum ersten Mal begegnet sie mir im Film Tomorrow. Die üppigen Gärten haben mich sofort angesprochen. In der Ausbildung wurde mir dann klar: Permakultur ist weit mehr als Anbau. Sie verbindet Ethik mit Gestaltung – und lässt sich auf viele Lebensbereiche übertragen. Im Kern geht es darum, stabile Systeme zu schaffen, die ökologische und soziale Bedürfnisse gleichermassen berücksichtigen.

Der Garten im Webergut entsteht gemeinsam mit den künftigen Bewohner*innen. Wie übersetzt du ihre Ideen in eine funktionierende Gestaltung?

Dabei hilft mir die permakulturelle Planungsmethode. Aus Träumen werden Bedürfnisse, daraus konkrete Elemente – und diese verknüpfe ich so, dass sie im Raum sinnvoll zusammenwirken. Wichtig sind mir dabei Multifunktionalität, ökologische Tragfähigkeit und eine Gestaltung, die auch ästhetisch anspricht. Für den Gemüsegarten bedeutet das zum Beispiel: Ich definiere eine geeignete Fläche – aber Form, Grösse und Anordnung der Beete bestimmen die Bewohner*innen selbst.

Du bist nicht nur Planerin, sondern auch zukünftige Bewohnerin. Wie erlebst du diese Doppelrolle?

Für mich überwiegt klar das Wertvolle. Ich war schon vor meiner Beauftragung im partizipativen Prozess aktiv – dadurch kenne ich viele Bedürfnisse, aber auch die planerischen Grenzen sehr genau. Herausfordernd wird es manchmal beim Thema Budget: Als Planerin trage ich Verantwortung gegenüber dem Auftraggeber, gleichzeitig bin ich Teil der Gemeinschaft und möchte auch den Wünschen der Bewohner*innen – und meinen eigenen – gerecht werden.

Der erste Gartenabschnitt entstand im Herbst 2022 durch das Aufreissen von Asphalt – ein kleiner Anfang auf grosser Fläche. Hat sich die Mühe gelohnt? 

Auf jeden Fall. Mit dem Pioniergarten haben wir einen gemeinschaftlichen Aussenraum geschaffen, der sofort genutzt wurde – das war bereits ein Erfolg. Gleichzeitig ist er ein wichtiger Testlauf: Ein Garten entsteht nicht von allein. Wir konnten ausprobieren, wie Verantwortlichkeiten greifen, wie Pflege und Nutzung sich organisieren lassen. Die Erfahrungen aus der Pionierphase haben die weitere Planung entscheidend geprägt.

Was verändert sich, wenn Menschen gemeinsam einen Garten gestalten – für sie selbst, für ihr Zusammenleben, für den Ort?

Aneignung ist zentral. Wenn ich mitgestalte, fühle ich mich verbunden – mit dem Ort und mit den anderen. Das fördert Engagement für Pflege, Bewirtschaftung und für die Natur allgemein. Ganz praktisch zeigt sich das bei unseren Garteneinsätzen: Wie viel in kurzer Zeit möglich ist, wenn alle mit anpacken, überrascht mich immer wieder. Da entsteht Gemeinschaft – nicht durch Reden, sondern durchs gemeinsame Tun.

Stell dir vor: Wir sitzen in zehn Jahren gemeinsam auf einer Bank mitten im Garten. Es ist ein warmer Tag. Was siehst du um dich herum? Was hörst du – und was möchtest du, dass die Menschen hier fühlen?

Ich höre das Rascheln der Blätter, Kinderstimmen, Gespräche. Menschen bewegen sich durch den Garten, manche bleiben stehen, andere werkeln still vor sich hin. Auch die Geräusche der Strasse sind da – und doch fühlt es sich geschützt an. Die Bäume und Wildhecken schaffen Geborgenheit, kleine Rückzugsorte mitten im urbanen Raum. Ich wünsche mir, dass die Menschen diesen Ort als lebendig und offen erleben – als etwas, das ihnen gehört, weil sie es mitgestalten.

Dietlinds Tipps für das partizipative Erschaffen gemeinschaftlicher, naturnaher Aussenräume

  • Mach von Anfang an transparent, wie viel Mitgestaltung möglich ist. So vermeidest du Frust – und stärkst das Vertrauen in den Prozess.
  • Sammelt gemeinsam Bedürfnisse und Ressourcen. Das schafft die Basis für eine Planung, die zum Ort und zur Gemeinschaft passt.
  • Schaffe Strukturen, die Raum lassen für Aneignung und Kreativität. Gute Gestaltung zeigt nicht alles vor – sondern lädt zur Weiterentwicklung ein.
  • Vermittle Wissen zu Biodiversität und essbaren Landschaften. Was Menschen kennen, trauen sie sich auch zu nutzen – und zu pflegen.
  • Starte klein und mach erste Schritte umsetzbar. Weniger ist oft mehr – besonders dann, wenn Zeit, Geld und Energie geteilt werden.
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24/6/2025
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